03.05.2024

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Warum nur wenige ukrainische Flüchtlinge in Deutschland Arbeit fanden (Video)


Ob es an den Einschränkungen bei der Arbeitssuche oder dem für den Lebensunterhalt völlig ausreichenden Zuschuss von 563 Euro pro Monat und Person liegt: Viele ukrainische Flüchtlinge haben in Deutschland keine Arbeit gefunden.

Warum passiert das, verstanden DW-Ausgabe. Es ist kein Geheimnis, dass die deutschsprachigen Länder bei der Beschäftigung von Ausländern, darunter auch ukrainischen Flüchtlingen, viele Einschränkungen eingeführt haben, darunter auch die Kenntnis der Sprache. Aber warum Kurse besuchen, wenn die Bundesregierung den ukrainischen Bürgern gegenüber mehr als loyal ist und ihnen einen monatlichen Zuschuss von 563 Euro zahlt?

Flüchtlinge in Deutschland

Mehr als eine Million Ukrainer flohen vor dem Krieg nach Deutschland, die meisten von ihnen sind arbeitslos. Für den Ministerpräsidenten des Landes Sachsen, Michael Kretschmer, Vertreter der CDU, ist alles ganz klar – Mitte Februar sagte er:

„Wenn wir sagen, dass Deutschland ein Land der Migranten ist, dann sind es zum Beispiel die Ukrainer, die am einfachsten in den Arbeitsmarkt integriert werden können, aber nur 20 % von ihnen arbeiten, weil sie es nicht brauchen.“

Ähnliche Aussagen sind auch von anderen Parteien zu hören. Laut Sozialdemokrat Matthias Jendrike seien in Deutschland „zu komfortable Bedingungen“ für die Ukrainer geschaffen worden. In einem seiner Interviews stellte er direkt fest: „Es ist bequemer, auf dem Sofa zu liegen, als Deutschkurse zu besuchen.“

Flüchtlinge aus der Ukraine haben in Deutschland Anspruch auf staatliche Leistungen für Menschen, die keinen Job haben. Singles erhalten 563 Euro im Monat, Verheiratete 506 Euro pro Person. Außerdem erhalten sie Kindergeld – je nach Alter zwischen 357 und 471 Euro pro Monat. Der Staat übernimmt auch die Kosten für Krankenversicherung, Unterkunft und teilweise Nebenkosten. Es stellt Geld für den Kauf von Wohnmöbeln und Schulmaterial bereit und finanziert Sprachkurse. Laut Bundesfinanzminister Christian Lindner werden im Haushalt 2024 allein in Deutschland zwischen 5,5 und 6 Milliarden Euro für Leistungen für Ukrainer vorgesehen.

Ukrainische Flüchtlinge in Europa

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Nach Angaben des UN-Flüchtlingshilfswerks gibt es etwa sechs Millionen registrierte Flüchtlinge aus der Ukraine, die vor dem Krieg in Europa fliehen. Die höchsten Zahlen gibt es in Deutschland (1,13 Millionen), Polen (956.000), Tschechien (381.000), Großbritannien (253.000), Spanien (192.000), Italien (168.000) und den Niederlanden (149.000). Welche Leistungen zahlen diese Länder?

Polen zahlt die Hilfe nur für die ersten drei Monate, danach sind die Flüchtlinge aus der Ukraine sich selbst überlassen. In Tschechien erhalten sie nach fünf Monaten 130 Euro monatlich. Im Vereinigten Königreich gibt es noch weniger staatliche Unterstützung.

Etwa zwei Drittel der ukrainischen Flüchtlinge arbeiten in Polen und Tschechien, mehr als die Hälfte in Großbritannien und jeder Fünfte in Deutschland. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie des Soziologen Dietrich Trenhardt, die er im November 2023 für die Friedrich-Ebert-Stiftung erstellt hat. Ein Wissenschaftler der Universität Münster kam jedoch zu dem Schluss, dass dies nicht mit der Auszahlung staatlicher Leistungen an Flüchtlinge zusammenhängt. Denn in Dänemark arbeiten mehr ukrainische Flüchtlinge als in Deutschland – 78 % sowie in Schweden und den Niederlanden (mehr als 50 %). Und diese Länder bieten auch langfristige staatliche Leistungen.

Die Studie zeigt, dass besonders viele Flüchtlinge in Ländern beschäftigt sind, in denen ein einfacher Zugang zum Arbeitsmarkt besteht. Polen, die Tschechische Republik, Dänemark, die Niederlande und Irland verfügen über einfache digitale Verfahren, die es ermöglichen, alle rechtlichen und sozialen Fragen in einer Anwendung zu lösen. In den Niederlanden werden Leiharbeitsfirmen genutzt, um schnell Arbeit zu finden. In Italien und der Slowakei finden ukrainische Ärzte und Krankenschwestern problemlos Arbeit.

Probleme im deutschsprachigen Raum

Deutschland, Österreich und die Schweiz, also die deutschsprachigen Länder, sind asylorientierte Länder und haben zahlreiche Einschränkungen und Hindernisse für die Beschäftigung eingeführt. Es gibt komplexe Verfahren zur Überprüfung und Anerkennung von Berufsqualifikationen, Abschlüssen und Diplomen. Die zuständigen Abteilungen sind überlastet und die Lösung aller Probleme braucht Zeit.

In Deutschland wird auf Sprachkenntnisse großer Wert gelegt: Gute Sprachkenntnisse sind wichtig für den Erhalt eines hochqualifizierten Arbeitsplatzes. Viele ukrainische Flüchtlinge sind gut ausgebildet, fast jeder zweite verfügt über eine höhere Bildung. Sie verfügen über Fachwissen und könnten den Bedarf an Fachkräften in Deutschland verringern. Allerdings arbeiten laut Soziologe Trenhardt in Ländern mit hoher Arbeitsintegration die meisten Flüchtlinge in Niedriglohnsektoren:

„Bisher ist es keinem einzigen europäischen Land gelungen, die gute Bildung der Ukrainer fruchtbar zu nutzen. Sie arbeiten meist in schlecht bezahlten Jobs, in Hotels und Restaurants, im Bereich Verbraucherdienstleistungen und in der Landwirtschaft.“

Auch in den Niederlanden und Polen wurden Fälle von sexueller und krimineller Ausbeutung von Flüchtlingen, Betrug und Unterbezahlung von Arbeitskräften registriert.

Nach Angaben der Bundesagentur für Arbeit haben sich im Januar 2024 124.000 Ukrainer für Integrations- und Sprachkurse angemeldet. Drei Viertel von ihnen werden in den nächsten sechs Monaten ihren Abschluss machen. Darauf aufbauend prognostizierte die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) im Herbst 2023, dass sich die Beschäftigungssituation für ukrainische Flüchtlinge in Deutschland in absehbarer Zeit verbessern werde. Ein Bericht der Bundesrechnungshofkammer zeigt jedoch, dass etwa die Hälfte aller Ukrainer, die Sprachkurse begonnen haben, die Prüfungen letztendlich nicht bestanden haben. Dem Bericht zufolge bricht jeder siebte das Studium ab.

Künftig wird es möglich sein, berufsbegleitend Deutsch zu lernen. Dies ist Teil des Job-Turbo-Programms der Bundesregierung, das als Reaktion auf die niedrige Beschäftigungsquote der Ukrainer ins Leben gerufen wurde. Es wird bereits bei interessierten Unternehmen getestet. Der Start der ersten regulären Kurse ist für Ende März 2024 geplant.

Kinderbetreuungsproblem

Vergleich Deutschland mit anderen Ländern EU, können Sie leicht ein weiteres wichtiges Problem erkennen. Es macht es für Frauen sehr schwierig, Arbeit zu finden. Im ganzen Land fehlen 350.000 Plätze in Kindergärten. In einigen Bundesländern erhielten auch zwei Jahre nach Kriegsbeginn in der Ukraine nicht alle Kinder und Jugendlichen aus Familien ukrainischer Flüchtlinge einen Schulplatz, obwohl in Deutschland alle Kinder schulpflichtig sind. 65 % der erwachsenen Flüchtlinge sind Frauen, viele von ihnen gelangten allein nach Deutschland. Zusammen mit ihnen reisten 350.000 Minderjährige ins Land ein.

Ohne eine Lösung des Problems der Kinderbetreuung können Frauen keine Arbeit finden. Und andere können nicht arbeiten, weil sie ältere Angehörige pflegen. Rechnet man noch diejenigen hinzu, die Sprachkurse besuchen, gibt es nicht viele, die arbeiten könnten. Im Januar 2024 waren bei der Bundesagentur für Arbeit 519.000 arbeitsfähige Ukrainer gemeldet, von denen jedoch nur 206.000 als arbeitslos galten. Ende 2023 waren rund 214.000 Flüchtlinge erwerbstätig.

Der Soziologe Dietrich Trenhardt stellt fest, dass das Ausmaß der Erwerbstätigkeit der Ukrainer in Deutschland heute „besorgniserregend“ sei. Nicht nur, weil das Arbeitskräftepotenzial ungenutzt ist – bezahlte Arbeit ist ein wichtiger Schlüssel zur Integration. Er sagt:

„Wenn sie einen Platz auf dem Arbeitsmarkt finden würden, hätten sie die Wahl zwischen Bleiben oder Zurückkehren. Andernfalls könnten sie in prekäre Situationen geraten oder in großer Zahl zu Asylbewerbern werden.“



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